Ursprünglich war bloß an eine einmalige spektakuläre Eröffnung des Ars Electronica Festivals gedacht, das damals noch Teil des Internationalen Brucknerfests Linz gewesen ist. Dass sich daraus eine nachhaltige Institution entwickeln würde, hätten sich die Verantwortlichen von 1979 nicht einmal im Traum gedacht. Und doch war bereits wenige Jahre später die Klangwolke, die größte und spektakulärste Open-Air-Inszenierung Europas im öffentlichen Raum, zu einem echten Linzer Wahrzeichen geworden, das bisher mehr als vier Millionen Menschen in ihren Bann gezogen hat.
Als Initiator der Klangwolke gilt der damalige Intendant des ORF Landesstudios Oberösterreich, Hannes Leopoldseder. Gemeinsam mit dem Münchner Komponisten, Regisseur und Klangarchitekten Walter Haupt entwickelte er die Idee, die anfangs vor allem darin bestand, Musik ins Freie zu übertragen, um so eine weit größere Anzahl von Menschen zu erreichen, als dies in einem Konzertsaal möglich wäre. Leitmotiv ihrer Überlegungen war die bekannte und damals vielzitierte Forderung des deutschen Kulturpolitikers Hilmar Hoffmann, „Kultur für alle“. In Linz ging man aber noch einen Schritt weiter, indem man die Bevölkerung zum Mitmachen animierte: Die Linzerinnen und Linzer stellten ihre Radios in die Fenster, um die ganze Stadt in eine Klangwolke zu tauchen. Im ersten Jahr kam die Musik, Bruckners 8. Sinfonie, noch vom Band, in einer Aufnahme des Royal Concertgebouw Orchestra Amsterdam unter Bernard Haitink. Schon ein Jahr später aber spielte das Bruckner Orchester Linz unter Theodor Guschlbauer live Bruckners 4. Sinfonie. Ein niederschwelliger Zugang, der durch den kostenlosen Eintritt garantiert wird, sowie die Verbindung von Tradition (klassischer Musik) und (technologischer) Innovation sind bis heute Kennzeichen der Linzer Klangwolke geblieben.
Wenn auch erst Mitte der Achtzigerjahre die eigentliche Geburtsstunde der Visualisierten Klangwolke schlug, spielten dennoch relativ früh auch schon Ansätze zu einer Visualisierung eine wichtige Rolle, 1980 etwa spezielle Lichteffekte, ein Jahr später das „Linzer Funkenwolkenfeuer“. Nachdem optische und szenische Effekte eine immer größere Bedeutung erlangt hatten, entschieden sich die Veranstalter*innen dazu, ab 1985 zwei Klangwolken im Rahmen des Internationalen Brucknerfests Linz durchzuführen: eine Visualisierte Klangwolke, bei der die Musik, egal aus welchem Genre, nur ein Mittel neben anderen ist, das zum Gelingen dieses multimedialen Gesamtkunstwerks beiträgt, sowie eine Klassische Klangwolke, in deren Mittelpunkt nach wie vor ein klassisches Konzert steht.
Der große Pionier der Klangwolke in den Anfangsjahren war Walter Haupt, der sie – mit Unterbrechungen – bis 1990 gestaltete. Später hat vor allem der Bühnenbildner und Architekt Hans Hoffer die Visualisierung weiterentwickelt. Weitere Künstler und Künstlergruppe waren Airan Berg, Parov Stelar, Beda Percht, Hubert Lepka & Lawine Torrèn, Xailabs GmbH sowie die Künstlergruppe Helix.
Die erste Visualisierte Klangwolke, die Dietmar Kerschbaum als Intendant des Brucknerhauses verantwortete, wurde vom international renommierten Theaterkollektiv La Fura dels Baus gestaltet. Unter dem Titel PAX präsentierte es 2018 eine multimediale und interaktive Show, in der die Geschichte der Menschheit als traumähnliche Visualisierung inszeniert wurde.
Ein Jahr später, im Jahr 2019, zeichnete der Opernregisseur und vormalige Intendant der Bregenzer Festspiele David Pountney für die Visualisierte Klangwolke verantwortlich. Zum 40-Jahr-Jubiläum behandelte er unter dem Titel SOLAR die Beziehung der Menschheit zur Sonne, Apokalypse und Hoffnung auf ein Happy End mit inbegriffen.
Coronabedingt konnte 2020 die Visualisierte Klangwolke nicht wie gewohnt im Donaupark stattfinden. Ein Künstlerkollektiv, bestehend aus Peter Androsch, Sam Auinger, Wolfgang „Fadi“ Dorninger und Gitti Vasicek wich stattdessen teilweise ins Internet aus und spürte unter dem Titel Sounding Linz den vielfältigen Klängen der Stadt nach, um sie ihren Bewohnerinnen und Bewohnern neu bewusst und neu hörbar zu machen.
2021 fand die Visualisierte Klangwolke wieder vor Publikum im Donaupark statt. Hollywood-Starregisseur Robert Dornhelm stand an der Spitze eines kreativen Teams, das unter dem Titel PANTA RHEI („Alles fließt“) eine poetische Reise in Szene setzte, welche die permanente Veränderung zum Thema hatte. Die Musik dazu schuf im Auftrag der LIVA der erfolgreiche Wiener Filmmusik-Komponist Roman Kariolou.
Die Visualisierte Klangwolke in Zahlen:
Als Ergänzung zur Visualisierten Klangwolke findet seit 1985 im Rahmen des Internationalen Brucknerfests Linz auch eine Klassische Klangwolke statt. Dabei handelt es sich um ein Orchesterkonzert im Großen Saal des Brucknerhauses, das zunächst – analog zur ersten Klangwolke 1979 – in den Donaupark übertragen wurde. Mittlerweile ging man aber dazu über, die Besucher*innen ins Haus zu holen. Um den Zutritt möglichst niederschwellig zu gestalten, werden für diese Klassischen Klangwolken Karten zum Einheitspreis von € 5,– ausgegeben.
Zum Erfolg der Klassischen Klangwolke trug nicht zuletzt der Umstand bei, dass sich von Anfang an renommierte Orchester und Dirigent*innen daran beteiligten. Pionierarbeit leisteten dabei die Wiener Philharmoniker unter Lorin Maazel. Weitere prominente Dirigenten waren Claudio Abbado, Herbert Blomstedt, Riccardo Chailly, Franz Welser-Möst, Riccardo Muti, Václav Neumann, Georges Prêtre, Dennis Russell Davies, Michael Tilson Thomas und 2021 mit Silvia Spinnato erstmals eine Frau. Neben den Wiener Philharmonikern wirkten das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, das Gewandhausorchester Leipzig, das London Symphony Orchestra, die Tschechische Philharmonie, das Beethoven Orchester Bonn, das Tonkünstler-Orchester Niederösterreich sowie das Bruckner Orchester Linz bei der Klassischen Klangwolke mit.
Die Klassische Klangwolke in Zahlen
Seit 1998 gestaltet das Kinderkulturzentrum Kuddelmuddel zusammen mit kreativen Künstler*innen und Teamkolleg*innen die Kinderklangwolke, für die der Donaupark auf Höhe des Brucknerhauses jedes Jahr in eine riesige Veranstaltungsfläche verwandelt wird, auf der sich Familien mit ihren Kindern in ungezwungener Atmosphäre tummeln können. In dieser Zeit hat die ‚kleine Schwester‘ der Linzer Klangwolke mehr als 20 kinderrelevante Themen auf die große Open-Air-Bühne gebracht, ein Geschenk an alle Kulturinteressierten, denn weder das Alter der Besucher*innen noch ihre Herkunft oder soziale Stellung spielen eine Rolle.
2018 feierte die Kinderklangwolke unter dem Motto Schöne bunte Welt ihr 20-jähriges Jubiläum und hat damit gleichzeitig einen neuen Weg eingeschlagen. Ab diesem Zeitpunkt entstand das Konzept eines ganzen Nachmittages mit Festival-Charakter, das den Linzer Donaupark zu einer bunten Festwiese werden lässt. 2019 ließ Christoph Bochdansky bei Der kleine Prinz in Linz den kleinen Prinzen mitten im Donaupark landen, 2020 folgte aufgrund der Corona-Pandemie eine mobile, digital adaptierte Kinderklangwolke, die unter dem Titel Doppelklick zum Glück eine Kontroverse zwischen Analog und Digital zeigte und erstmals hybrid, also sowohl live als auch digital, an zwei verschiedenen Orten erlebar wurde. Wieder zurück im Donaupark sorgte 2021 die "Rebellin der Kindermusik" Suli Puschban bei Die Flut aus Mut für gute Stimmung bei der Kinderklangwolke.
Die Kinderklangwolke in Zahlen:
Weitere Infos zur Kinderklangwolke gibt es unter kinderklangwolke.online oder kuddelmuddel.at